Kulturrats-Mitglied Barbara Roggwiller über die enge Verbindung zwischen Tourismus und Kunst – und die aktuelle Ausstellung im Kunsthaus in Interlaken.
Kunst und Tourismus sind eng miteinander verbunden, da Kunst oft ein wichtiger Anziehungspunkt für Reisende ist. Viele Städte und Regionen fördern ihre kulturellen Angebote, um Touristen anzuziehen.
Seit den Anfängen des Tourismus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Berner Oberland zum Hotspot in der Schweiz. Schon immer war es die natürliche Schönheit, die viele Künstler inspirierte, darunter Dichter, Maler später Fotografen, die die Landschaft in ihren Werken festgehalten haben. In diesen Anfängen waren es wunderbare Gedichte (z.B Goethe) oder Bilder, Stich welche als Werbe- Postkarten genutzt wurden, um die damaligen Reisenden anzulocken. Das Reisen geschah meist mit Pferd, Kutsche oder Schiff. Die Reisen waren langwierig und oft unbequem.
Heute mit Flugzeugen, Zügen und Autos ist das Reisen schnell und komfortabel. Langstreckenflüge ermöglichen es, in wenigen Stunden Kontinente zu überqueren. Auf diesen, meist fix gebuchten Reisen werden die Hotspot’s besucht. Sie suchen nach einzigartigen Erlebnissen, teilweise auch kulturelle beeinflusst. Dazu gehört das Rosenlaui mit seinen markanten, steilen Bergen und dem wunderbaren Rosenlauital (Rychenbachtal).
Wieso ich das erzähle? Weil gestern wie heute genau die gleichen Standorte genutzt wird wie anno dazumal.
In der Vergangenheit waren es Bilder/Stiche, heute Handyaufnahmen, welche durch Social Media in der Welt verteilt werden – ein Fluch oder ein Segen?
Rosenlaui ist somit ein wunderbares Ziel für Kunstliebhaber und Naturliebhaber gleichermassen. Die Kombination aus atemberaubender Natur und künstlerischer Kreativität macht es zu einem einzigartigen Ort in der Schweiz. Tourismus und Kunst im Berner Oberland.
Zurzeit – vom 15. September bis 17. November 2024 – ist in Interlaken im Kunsthaus die Ausstellung «Souvenir de Rosenlaui» zu sehen. Nachfolgend ein Auszug aus dem Einladungsflyer:
Am Aufkommen des Fremdenverkehrs im engeren Berner Oberland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind nicht zuletzt die Dichter und Maler beteiligt, die als Erste über die Schönheit dieser Landschaft berichten. Mit Reisebeschreibungen, Gemälden und Stichen (den Postkarten jener Zeit) verhelfen sie der Gegend zu Weltruf. Das Rosenlaui (eigentlich Rychenbachtal) mit den steil aufstehenden Engelhörner auf der einen Talseite und den markanten Gebirgen von Well- und Wetterhorn im Hintergrund gehören schon früh zum Programm einer sogenannten «Schweizerreise».
Johann Wolfgang Goethe (1949 –1832), der im Jahr 1779 auf seiner zweiten Reise durch die Schweiz von Grindelwald über die Grosse Scheidegg durchs Rosenlaui bis nach Guttannen wandert, hält in einem Brief an die Freundin Charlotte von Stein fest:
… Der Weg ins Haslital ist der angenehmste, den man gehen kann … Der erste Blick vom Berg herab in das Hasliland ist frappierend, die Gegend ist erstaunlich weit und angenehm … kein Gedanke, keine Beschreibung noch Erinnerung reicht an die Schönheit und Grösse der Gegenstände …
Vom urwüchsigen Rychenbachtal begeistert waren auch berühmte Künstler wie etwa der englische Maler Joseph Mallord William Turner (1775 –1851), der 1802 auf seiner Schweizer Reise mehrere Skizzen vom oberen Reichenbachfall und von Well- und Wetterhorn angefertigt hat, die er später in London als Vorlagen für zwei grossformatige Aquarelle benutzte. Bereits zuvor hatte Caspar Wolf (1735 –1783) auf einer seiner Bergexpeditionen, die er in Begleitung des Berner Verlegers Abraham Wagner und des Pfarrers und Naturwissenschaftlers Jakob Samuel Wyttenbach unternahm, im Rosenlaui gezeichnet. Wolf fertigte später ab diesen Vorlagen das erste Ölgemälde des Tals an. Im 19. Jahrhundert folgten diesen Spuren weitere Maler wie Alexander Calame (1810 –1864), François Diday (1802–1877) und Joseph Anton Koch (1768 –1839). Sie alle haben in zahllosen Darstellungen die Gegend vom Rychenbachfall bei Meiringen bis hinauf zum Rosenlaui-Gletscher festgehalten.
Im letzten Jahrhundert gehören die Malerin Klara Borter (1888 –1948) und der Maler Arnold Brügger (1888 –1975), die beide in Meiringen gelebt haben, zu den bekanntesten Kunstschaffenden, die sich mit dem Rosenlaui auseinandersetzen. Gerade Arnold Brügger hat die Berge und das Tal vor seiner Haustüre immer wieder gezeichnet und gemalt.
Bis in unsere Zeit hat die ursprüngliche Landschaft im Rosenlaui Kunstschaffende auf verschiedenste Art und Weise zu Arbeiten inspiriert. Die Werke in der Ausstellung von Barbara Ellmerer, Franziska Ewald, Marianne Flotron, Martin Peter Flück, Max Hari, Ke Rosenlaui, Heinz Stählin und Wolfgang Zät sind schöne zeitgenössische Beispiele dafür.
Herzlich Willkommen im Kunsthaus Interlaken!