Kultur als Wirtschaftsfaktor

Die Wertschöpfungskette von Kulturveranstaltungen ist lang und belastbar, schreibt Hans Ulrich Glarner. Besonders im Berner Oberland ist Kultur eine Wachstumsbranche und somit eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.

Die Wertschöpfungskette von Kulturveranstaltungen ist lang und belastbar, schreibt Hans Ulrich Glarner. Besonders im Berner Oberland ist Kultur eine Wachstumsbranche und somit eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.

Freitag früher Abend. Ein Berner Regierungsrat sitzt mit seiner Frau unter einem Sonnenschirm am Mühleplatz. Eben wird eine knusprige Pizza aufgetragen und ein Steak mit gemischtem Salat. Der Kellner räumt die Proseccogläser weg. Auf dem Tisch liegt das Programmheft der Bachwochen Thun. Heute Abend findet das Eröffnungskonzert statt. Der Volkswirtschaftsdirektor hat zwei Plätze in der Stadtkirche reserviert und geniesst den spätsommerlichen Auftakt ins Wochenende. Musik und Lebensfreude liegen in der Luft. Mit diesem Beispiel, lässt sich anschaulich ein Aspekt der Kultur als Wirtschaftsfaktor aufzeigen. Der Restaurantbesuch am Rande des Konzerts löst eine kleine Wertschöpfungskette aus. Genauso wie übrigens das nachfolgende Konzert. Die Budgets der Veranstalter werden vor Ort umgesetzt. Floristen, Grafikerinnen, Druckereien, Materialvermieter, Elektromonteure, Sicherheitsleute, Bauernhofläden, Transportgewerbe usw. stellen Rechnung, beziehen Lohn, zahlen Sozialabgaben und Steuern. Die Wertschöpfungskette von Kulturveranstaltungen ist lang und belastbar. Berechnungen in Deutschland ergaben, dass 100 Beschäftigte am öffentlichen Theater 40 zusätzliche Arbeitsplätze in der übrigen Wirtschaft auslösen.

Das eingangs erwähnte Beispiel weist auf die sogenannte «Umwegrentabilität» im Kulturbetrieb hin. Zwar gehört heute die Erneuerung der Dauerwelle vor dem Konzertbesuch nicht mehr zur obligaten Vorbereitung; dafür ist der Kreis der Kulturkonsumenten in den letzten Jahrzehnten so gross geworden, dass breite Wirtschaftszweige von ihnen profitieren. Mehr als anderswo, kommt im Berner Oberland die Hotellerie zum Zug. Besuche ich das Mondscheinkonzert im Gruebi Bad in Adelboden, dann gönne ich mir eine Übernachtung im Familienhotel. Sind wir im Saanenland, stehen an einem Wochenende gleich drei Konzerte auf unserem Ferienprogramm. Nicht widerstehen kann ich beim Einkaufsbummel einer wunderhübschen Tracht aus einheimischer Produktion für die Enkeltochter. Mit meinem Verhalten bin ich keineswegs allein. Eine kürzlich abgeschlossene Studie des Menuhin-Festivals weist nach, dass 55% des Publikums vor oder nach dem Konzert ins Restaurant geht und 39% übernachten explizit wegen des Konzertbesuchs in Hotels vor Ort und anderen lokalen Unterkünften. Einkäufe nicht mitgerechnet. Das sind einleuchtende Beispiele dafür, dass der volkswirtschaftliche Nutzen die investierten öffentlichen Mittel bei weitem übersteigen.

Im Berner Oberland war in den vergangenen Jahren unübersehbar, dass die Kultur eine Wachstumsbranche ist. Augenfälligstes Beispiel ist das Seaside-Festival mit 20’000 Besuchenden an einem Wochenende und der Ballenberg mit seinen 200’000 Besuchenden. Im Bereich der klassischen Musik haben sich über die Jahre 14 Klassikfestivals etabliert, die in der Vereinigung der Klassikfestivals Berner Oberland organisiert sind und als Netzwerk funktionieren. Hier wächst das Bewusstsein, durch Zusammenarbeit mehr leisten zu können.

Ich möchte soweit gehen, die Kultur als eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region zu bezeichnen. Indem sie den Zusammenhalt der Bevölkerung fördert, vermindert sie soziale Kosten, insbesondere Gesundheitskosten: Sie wirkt der Einsamkeit entgegen und stärkt das psychische Wohlbefinden.

Ganz direkt produziert sie Kreativitäts- und Innovationsimpulse, von denen Gewerbe und Wirtschaft langfristig profitieren. Das scheint mir der wichtigste der wirtschaftlichen Nutzen zu sein. Künstlerinnen und Künstler geben Impulse mitten hinein in die Unternehmen. Allerdings müssen solche Schnittstellen aktiv herbeigeführt und gepflegt werden. Das Eingangstor ist nicht selten ein Sponsoring. Betreibt man es umfassend, können interessante Partnerschaften entstehen, die unterschiedliche Welten zusammenbringen. Das brauchen wir mehr denn je: Uns von eingefahrenen Vorstellungen lösen und neue Wege beschreiten.

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